Mit Philipp 19/09/2020
Das instabile Wetter verlangt nach einer kurzen Tour mit Schwierigkeiten deutlich unter unserem Limit, ohne das Potential, episch zu werden. Es liegen ein paar gute Ideen in verschiedenen Regionen auf dem Tisch (beziehungsweise im whatsapp-thread), die Bilder von spitzen Grattürmen aus stabilem Granit lassen die Entscheidung schliesslich auf die Überschreitung des Alplistock im Bächlital fallen. Nun muss nun noch die Richtung der Überschreitung entschieden werden, denn beides ist möglich - mit Vor- und Nachteilen für beide Varianten. Ausschlaggebend für die Richtung Ost nach West ist dann schliesslich das Argument, dass man auf diese Weise beim Abstieg an der Bächlitalhütte vorbeikommt und sich dort Bier und Kuchen gönnen kann.
Um sechs Uhr gehen wir also vom Parkplatz unterhalb des Räterichsboden los und steigen erst entlang dem Hüttenweg, ab der Kurve bei 2040 m dann schwachen Wegspuren und vielen Steinmännchen folgend über schöne Granitplatten, immer mehr oder weniger geradlinig hinauf zum Beginn des Südgrates, wo der Einstieg direkt auf der Kante dank eines neuen Kettenstandplatzes einfach zu finden ist. Um acht Uhr sind wie bereit für die Kletterei.
Erst über einfache Platten, dann steiler, in schöner Kletterei an Rissen und Schuppen steigen wir simultan auf. Dank der üppigen Absicherung mit Bohrhaken ist die Wegfindung einfach, wenn man Lust hat, kann man hier aber auch nach Belieben seinen „eigenen“ Weg gehen (gell Philipp 😉), denn Absicherungsmöglichkeiten anhand von Schlingen und Cams gibt es en masse. Nach einer kurzen Abseilstelle folgt schliesslich Gehgelände bis zum Ostgipfel.
Weiter geht’s leicht aber schön luftig, bis wir einen schwierigen Turm umgehen. Den darauf folgenden Zipfelmützenturm wollen wir eigentlich überklettern, aber plötzlich sind wir schon daran vorbei, und nochmals zurückgehen und im brüchigen Gelände den Einstieg suchen mögen wir dann doch nicht. Auch den Turm danach umgehen wir nach etwas hin und her schliesslich. Der leicht überhängende Riss ohne Tritte für die Füsse dünkt uns doch deutlich schwerer als die angegebene 4a, und da hier komischerweise keine Haken vorhanden sind, ist auch die Routenwahl nicht ganz klar und wir sind unsicher, ob wir genügend Sicherungsmaterial dabei haben. Die im Topo als sehr brüchig bezeichnete Umgehung entpuppt sich dann auch als problemloses Band mit ein paar losen Steinen.
Trotzdem wollen wir aber bald möglichst wieder auf den schönen Grat zurück, und der nächste Turm lässt sich auch sehr schön erklettern – auf der anders Seite runter zu kommen funktioniert aber nicht, und so müssen wir halt wieder zurück. Nun aber weisen uns Bohrhaken und durch Bohrlöcher in der Felskante gezogene Reepschnüre den Weg auf den letzten Turm zum Gipfel – alles entlang der Gratkante in sehr schöner Kletterei. Das Abklettern ist dann recht mühsam, aber dank hier zahlreich vorhandenen Haken, die wir ohne schlechtes Gewissen benutzen, problemlos.
Einfach und zügig gelangen wir auf den Westgipfel, wo wir ausgiebig Rast machen und die schöne Aussicht geniessen. Es überrascht mich, dass wir an diesem Tag ganz alleine am Berg sind. Schliesslich steigen wir alles dem Westgrat folgend ab, wobei wir die brüchigen und steilen 15 Meter kurz vor dem Abstiegscouloir an der vorhandenen Abseilstelle abseilen. Nach Verstauen des Seils gehen wir durch das rutschige aber kurze und nicht allzu steile Couloir hinunter und ziehen dann nach Osten in die Richtung, in der wir die Hütte vermuten.
Nach einem kleinen Umweg in eine falsche Abstiegsrampe finden wir anschliessend richtige. Da es unterdessen mal schwach genieselt hat, müssen wir uns beim Abstieg über die rutschigen Platten etwas in achtnehmen, aber dann sind wir schon bei der Hütte, wo wir uns feinen Kuchen beziehungsweise Kürbissuppe mit Curry und Ingwer gönnen. Schliesslich wandern wir bei wieder trockenem Wetter ins Tal und sind uns einig: die Tour war für den heutigen Tag genau richtig gewesen.
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