Aiguille Purtscheller (3474 m) – Südgrat

Mit Holmger                                                                                                                                        02/07/2019

Aiguille Purtscheller, Südgrat, arete Sud, south ridge, Trient, Cabane du Trient, Trienthütte, Ornyhütte, Cabane d'Orny
Im Zustieg zum Südgrat der Aiguille Purtscheller. Der Einstieg in die 1. Seillänge ist mit einem Pfeil markiert.

Nachts um 23:00 gehen über der Cabane du Trient heftige Gewitter nieder, und ich mache mir etwas Sorgen: Wird der Grat am Folgetag schneebedeckt sein? Und wird der Regen den eh schon nassen Schnee weiter durchweichen, so dass der eigentlich kurze Zustieg über das Plateau du Trient allzu zeit- und kraftraubend wird? Als wir dann um 4:50 bei der Hütte loslaufen, zerstreuen sich die Bedenken, und wir kommen auf dem zwar nassen aber kompakten Schnee zügig voran.

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Bei gutem Wetter hat man vom Einstieg tolle Sicht auf viele Walliser 4000-er.

Der Übergang auf den Fels ist dann nicht ganz trivial - einmal gewusst wie, lässt sich die Stelle dann doch gut lösen, in dem wir den Pickel über uns ins Eis schlagen und uns mit einer Hand daran hochziehen, währen wir mit der anderen Hand an einer Felsschuppe piazen. An einer schon eingerichteten Schlinge lässt sich die Stelle für den Nachsteiger auch gut absichern. Über etwas lose Steine geht es einfach weiter zu dem von weitem erkennbaren Einstieg des Südgrates, und um 6:20 klettern wir los.

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Die 2. Seillänge bietet schöne, abwechslungsreiche Kletterei.

Die erste Seillänge (5a) hats gleich in sich. Nach ein paar einfachen Meter folgt ein Riss, in dem sich die Hände zwar gut verklemmen lassen - die Bergschuhe aber sind zu gross um sie darin zu verkeilen. Mit einigem Gestöhn, A0 und etwas Gejammer über die vor Kälte schmerzenden Hände kämpfen wir uns hoch. 5a können wir normalerweise gut mit Bergschuhen klettern, aber die Bewertungen im Mont Blanc Massiv sind halt doch etwas knackiger als in der restlichen Schweiz - ausserdem sind wir uns diese Art von Kletterei auch nicht gewohnt. Einige Kilometer östlich von uns zieht Regen vorbei und ich hoffe innig, dass dieser nicht auch bei uns vorbeikommt.

Die nächste Seillänge (4b) ist dann etwas weniger physisch und beinhaltet neben Kletterei an grossen Schuppen auch eher kleingriffige Wandkletterei. Sie gefällt mir richtig gut - bis auf den mühsamen Hängestand, von dem man in die Scharte abseilt. Es folgt nochmals eine 4b Seillänge, die sich aber deutlich leichter anfühlt und richtig Spass macht. Die beiden Schlüsselstellen hier sind eine plattige Traverse und ein kleiner Aufschwung. Nun kommen wir zu einem sehr bequemen Standplatz auf einem Quarzband. Hier ist es windgeschützt und warm, so machen wir Ess- und Trinkpause und suchen Strahler (die schönsten sind allerdings schon weg, oder man müsste sie aus dem Fels klopfen...).

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Wer meistert diese Seillänge mit Bergschuhen und Rucksack in elegantem Stil? Wir nicht...

Die Länge, die nun folgt (5a) werde ich wohl nicht so schnell vergessen. Die ersten Meter an grossen Schuppen gehen noch leicht - für die nächsten 3-4 Meter muss man sich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden: entweder piazt man der Schuppe entlang - mit Kletterfinken wohl die elegantere Lösung - oder man schrammt sich im Kamin aufwärts. Nach etwas hin- und her hängt Holmger den Rucksack an einen als Zwischensicherung gelegten Keil und windet sich durch den Kamin bis zum ersten Klemmblock. Über diesen und die nächsten beiden Klemmblöcke hinaus ist ähnlich viel Ganzkörpereinsatz gefragt. Für mich im Nachstieg ist dann alles psychisch etwas entspannter (auch wenn ich trotzdem in Kamin hineinpendelnd und stecken bleiben könnte), dafür muss ich nun irgendwie zwei Rucksäcke mitnehmen. Nach etwas Herumprobieren binde ich sie dann unter mir fest und schrubbe so den Kamin hoch. Das Gewicht drückt schwer nach unten und mir wird fast schlecht vor Anstrengung - gleichzeitig muss ich aber auch laut lachen, wenn ich mir vorstelle, wie lustig das nun wohl aussehen mag....

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Vom Gipfel erspähen wir weitere Ziele wie die Überschreitung der Aiguilles Dorées, auf deren Rückseite wir zuvor Mehrseillängen geklettert sind.

Es folgt eine leichte und schöne Seillänge im 3. Grad, bevor wir bei der letzten Seillänge nochmal etwas mehr zupacken müssen: Nach lässiger Kletterei an guten Schuppen geht es wieder ziemlich unelegant auf einen abdrängenden Klemmblock hinauf und von dort direkt auf den luftigen Gipfel, der aber einen windgeschützten Platz für zwei Personen bietet. Es ist kurz vor 11, wir habe also noch viel Zeit, machen Mittagspause und sind uns einig: trotz Mühen und Gefluche - das war eine coole Tour!

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Kurzer Abstieg über den Normalweg

Über den eher unlohnenden und brüchigen Normalweg abkletternd und abseilend erreichen wir zügig den Gletscher und wandern über diesen zur Trienthütte, wo wir kurz vor 13:00 ankommen. Hier sammeln wir deponiertes Material ein und gönnen uns eine Cola, bevor wir uns gemütlich an den landschaftlich schönen Abstieg zum Sessellift La Breya machen. Dieser bringt uns dann bequem nach Champex Lac, und nach einem feinen Stück Heidelbeerkuchen fahren wir zufrieden nach Hause. 


Gipfel:           Aiguille Purtscheller
Route: Südgrat
Ausgangspunkt: Cabane du Trient
Höhe: 3474 m
Schwierigkeit: ZS+, 5a

Führer:    

 

Das Topo im Hochtouren Topoführer Walliser Alpen (Silbernagel/Wullschleger) ist gut zur Orientierung geeignet (oft mehrere Varianten möglich).

Material:

 

 

 

40 m Seil (mit einem 50m Seil könnte man alles vom Gipfel abseilen), ein kleines Set mittlerer Cams und Keile, Schlingen. Wer den 5. Grad nicht locker mit Bergschuhen beherrscht, dem sind dringend Kletterfinken empfohlen. Gletscherausrüstung für den Zustieg

Bemerkungen:

 

 

 

Aufgrund der Kaminseillänge würden wir die Tour beim nächsten Mal mit nur einem Rucksack klettern. Alternativ könnte man die Rucksäcke nachziehen, dann aber müsste die Seillänge aufgeteilt werden (und es müsste mit 2 Seilen geklettert werden).