Arête des Douves Blanches (3641 m)

Mit Philipp                                                                                                                                                     24/07/2022

Arolla, Cabane de Bertol, Arête des Douves Blanches, Tageshochtour, öv, Wallis Bergsteigen, Mont Colon
Der mächtige Mont Collon im Morgenlicht

Über die Arête des Douves Blanches erfährt man – zumindest auf deutschsprachigen Medien – wenig. Was man liest, klingt aber durchs Band sehr vielversprechend. Dazu passt, dass die überwiegend prekären Gletscherverhältnisse und das etwas regnerische Wetter am Samstag nach einer felsbetonten Tagestour verlangen. So fahren wir mit  Zug und Postauto nach Arolla, wo wir für einmal luxuriös im Hôtel du Pigne übernachten. Hier bekommen wir schon um 3:30 Zugang zum äusserst reichhaltigen Frühstücksbuffet – leider ist der entsprechende Appetit noch nicht ganz da... Um 4:00 ziehen wir schliesslich bei T-shirt-Temperaturen los. Einen so frühen Start haben wir vor allem deshalb gewählt, um (vermeintlich) eine genügend grosse Zeitreserve auf die letzte ÖV-Verbindung um 17:27 zu haben. Auf dem Strässchen und dem erst flachen, dann ziemlich steilen Weg steigen wir auf. Ich spüre immer noch meine Erkältung, habe aber das Gefühl, etwa das für mich bei solchen Touren gewöhnliche Tempo zu gehen. Nach 1 h 40 erreichen wir bei Dämmerung die Plan de Bertol.

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Routenverlauf bis zum "Tunnel"

Unterhalb des Felsriegels bei Punkt 2691 m ziehen wir erst auf Wegspuren, dann zunehmend weglos auf die gut erkennbare Quille – den Schiffsbug – des Grates zu, wobei wir zwei Moränen und einen Bach queren. An einem mit Steinmännchen markierten Punkt steigen wir schliesslich steil und direkt in Richtung Grat auf, bis wir die Höhe des gut erkennbaren Grasbandes erreichen.

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Erst geht es durch ein etwas grasiges Couloir und unter einem Klemmblock durch (Foto: P. Kohler).

Leider fühlt sich Philipp überhaupt nicht gut, er hat kaum geschlafen und ihm ist schwindlig. Wir machen eine längere Pause, um zu sehen, wie sich die Situation entwickelt. Schliesslich entscheidet er sich glücklicherweise, weiter zu gehen, so montieren wir die Kletterausrüstung und gehen dem Grasband entlang. Hier machen wir erst den Fehler, dem Band bis ans Ende zu folgen, wo der Aufstieg steil, grasig und kaum absicherbar aussieht. Nach etwa hin und her  finden wir aber eine gut gangbare Route zum Couloir mit dem Klemmblock. Die Kletterei hier ist für den 3. Grad ziemlich steil, ich bin physisch und mental durch die Pause etwas ausgekühlt und vertraue meinen neuen Bergschuhen überhaupt nicht. Geht es wirklich hier durch? Als ich am Klemmblock eine Schlinge entdecke, steigt mein Selbstvertrauen und ich schrabble unter diesem durch. Weiter geht es durch eine Art Tunnel, bevor wir weiterhin diagonal nach links in Richtung Grat ziehen. Hier ist das Gelände einfach und der Fels super schön, zudem kommt die Sonne und damit auch der Flow. Anders als in einigen Führern/Berichten beschrieben, erreichen wir genau bei der Quille die Gratkante und müssen nicht über erwähnten Platten steigen –  meiner Meinung nach perfekt so.

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Unserer Routenwahl bis zum Grat; das Gelände im oberen Bereich ist einfach, die Routenführung wenig zwingend.
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Philipp verlässt den Tunnel.
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Nach dem Tunnel wird der Fels zunehmend besser (Foto: P. Kohler)
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Der Schlüsselzug kann technisch gelöst werden, danach folgt super Kletterei zur Gratkante.

Philipp fühlt sich glücklicherweise wieder viel besser und übernimmt den nächsten Abschnitt. Nach schöner leichter Kletterei entlang Rissen auf der Südostseite der Gratkante kommt die erste Schlüsselstelle (frei 5b). Mit einer Eisenstange als Tritt und einer Exe als Griff kann diese Stelle technisch gelöst werden und checkt dann irgendwo im 4er Bereich ein. Die weiteren Eisenstangen wurden zum Glück entfernt, so geht es in super schöner, relativ steiler, selbst abzusichernder Kletterei (ca. 4b) an tollen Strukturen auf den Grat zurück.

Nun folgt über längere Zeit einfaches Gelände (I-II), wir gehen simultan am verkürzten Seil bis uns das Sicherungsmaterial (hier vorwiegend Zackenschlingen) ausgeht und tauschen dann den "Vorstieg". So machen wir schnell Meter und nehmen es deshalb recht entspannt. Im Nachhinein hätten wir hier vielleicht etwas zügiger gehen können/sollen.

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Das Gelände im unteren Gratabschnitt ist über weite Strecken einfach.
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Hier kommt man gut voran – sollte man aber auch, wenn man die Richtzeiten einhalten will.
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Einer der Aufschwünge mit toller Kletterei (Foto: P. Kohler)

Anschliessend an den leichten Gratabschnitt folgen ein paar Abschwünge mit sehr schöner Kletterei in weiterhin herrlichem Fels im oberen 3./unteren 4. Grad, dabei umgeht man den letzten Turm in der Südflanke. Weiterhin ist die Wegfindung logisch, und wenn man genau hinschaut, sieht man auf den Schlüsselgriffen und -tritten auch ein paar Abnützungsspuren.

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Ein weiterer
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Feingriffige Balancekletterei am Rötlichen Turm

Schliesslich klettern wir in einer langen, sehr schönen und noch nicht allzu schwierigen Seillänge bis unter den Gipfelaufschwung des Rötlichen Turms. Hier folgt meiner Meinung nach die inoffizielle Schlüsselstelle (4b), die man nicht A0 lösen kann. In geschlossenem Fels und schlecht absicherbar klettert man an  Leisten ein paar Meter hoch und quert dann nach rechts zum Grat. In etwa 5 m Höhe steckt  ein Schlaghaken, welchen man  aber von unten nicht/ kaum sieht. 

Vom Rötlichen Turm seilen wir etwas mühsam 20 m in die übernächste Gratscharte ab. Einfacher als es aussieht, geht es dann weiter bis zum Fuss des Grauen Turms.

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Abseilen vom Roten Turm
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Die Kletterei nach dem Roten Turm ist leichter als sie von oben aussieht (Foto: P. Kohler)
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Eine weitere, coole Stelle: abdrängendes, luftiges Rüberspreizen am Grauen Turm

Hier wartet eine kurze, abdrängende Stelle (4b, A0). Der Schlaghaken zur Sicherung, (bzw. zum A0 Klettern) steckt aber so hoch, dass man etwa 1.75 m gross sein muss, um ihn zu benützen. Da er tief im Fels steckt, geht auch kein Karabiner mehr rein, es muss eine Schlinge gefädelt werden. Danke Philipp fürs Einhängen, so dass ich entspannt klettern konnte! Aufgrund des Seilzugs richten wir nach dieser Stelle einen Standplatz an Cams ein. Die nächste Seillänge (5a) traversiert nämlich scharf nach rechts. Hier muss unter einem Überhang rübergespreizt werden, bevor man sich – eine offene Tür verhindernd – an einer guten Schuppe in die folgende Nische schiebt. Fühlt sich zuerst etwa komisch an, die Stelle ist aber gleich beim Schlaghaken und wirklich cool! Anschliessend klettert man in einem mit zwei weiteren (allerdings sehr fragilen) Schlaghaken gesicherten kurzen, steilen Kamin und erreicht leichtes Blockgelände, über welches man zum Gipfel des Grauen Turms gelangt. 

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Abklettern nach dem Grauen Turm

Es folgen ein paar weitere Türme, wobei einer davon während 50 Metern anhaltende, für den 3. Grad gar nicht mal so triviale Kletterei an schönen Strukturen bietet. Schliesslich gelangt man über einen Blockgrat zum Vorvorgipfel und weiter zum Vorgipfel (den man leicht für den Gipfel halten könnte, 3582 m). Als wir hier ankommen ist es schon 13:20 – die Zeit rennt uns nun doch etwas davon...

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50 m herrliche Kletterei
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Blick vom Vorgipfel zum Pointes des Douves Blanches Südgipfel (Foto: P. Kohler)
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Zwischen Vorgipfel und Pointe des Douves Blanches Südgipfel

Zum Glück ist das Gelände zum Südgipfel der Pointes des Douves Blanches  (3641 m) einfach, und wir erreichen diesen nach 20 min. Nach einer kurzen Verpflegungspause und Gipfelselfie steigen wir über etwas loses aber einfaches Blockgelände  zum Glacier de l'Aiguille ab. Auf ein Seil könnte man hier verzichten, aus Zeitgründen lassen wir es aber dran, da wir es für den Gletscher eh wieder brauchen.

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Den ganzen Tag im T-shirt – angenehm, aber eigentlich viel zu warm für diese Höhe... (Foto: P. Kohler)
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Loses aber einfaches Blockgelände im Abstieg vom Pointes des Douves Blanches Südgipfel
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Eher trauriger Ausblick über die ausgeaperten Gletscher; eingezeichnet der weitere Routenverlauf zur Cabane de Bertol. Bei guten Schneeverhältnissen kann auch über das Col de la Tsa (Pfeil) abgestiegen werden, was deutlich schneller ist (Foto: P. Kohler)
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Abstieg über den Glacier de l'Aiguille

Die Spur unserer Vorgänger erspart uns das Suchen nach dem besten Weg durch den doch recht zerklüfteten und im oberen Bereich noch schneebedeckten Gletscher. Weiter unten ist der Gletscher blank, das Gelände aber nicht allzu steil, so dass wir mit den Steigeisen bequem vorwärts absteigen können. Den Verhältnissen entsprechend zügig erreichen wir die gut ausgetretene Spur, die von der Aiguille de la Tsa herkommt. Bei der Gegensteigung unterhalb der Pointe de Bertol muss dann doch noch eine grosse Spalte überquert werden. Zum Glück trägt die Brücke – aber wie lange wohl noch?

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Blick zurück zum Gipfel mit ungefährem Routenverlauf im Abstieg
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Im Abstieg von der Cabane de Bertol nach Arolla

Es ist kurz vor drei und ich bin wieder recht zuversichtlich, dass wir den letzten Bus noch erreichen würden. Im Abstieg in Richtung Cabane de Bertol verpassen wir zwar den neuen, mit Ketten gesicherten Weg, kommen aber über loses Geröll und leichte Felsen gut runter. Anschliessend peilen wir den Übergang südlich der Hütte an, um uns die Höhenmeter über unzählige Leitern zur Hütte zu sparen. Da ruft uns der Hüttenwart plötzlich von oben  zu, diese Route sei nicht möglich, wir sollen den Weg über die Hütte nehmen. Sein Vorschlag, der alten Spur über die Randkluft zu folgen, ist uns unangeseilt zu heikel – auch wenn man in Eile ist, darf man nicht unvorsichtig werden! Nach einem Umweg um die Spalte steigen wir schliesslich über die Leitern zur Hütte – so lange dauert das dann gar nicht gedauert, aber nun ist die Zeit doch recht  knapp... 

Zügig steigen wir den im oberen Abschnitt mit Leitern, Kabeln und Eisenbügeln versehenen Hüttenweg ab. Auf den letzten flachen Kilometern joggen wir sogar ab und zu... Die Zeitnot trübt das Erlebnis etwas, aber schliesslich schaffen wir es genau 5 Minuten bevor der Bus fährt nach Arolla. Die Erleichterung ist gross – noch grösser wird sie, als wir uns in Sion endlich mit Getränken eindecken können. Zufrieden mit der Tour fahren wir im Zug nach Hause – die Felsqualität und Kletterei hat unsere Erwartungen definitiv erfüllt!


Gipfel:           Pointes des Douves Blanches Südgipfel
Route: Arête des Douves Blanches
Ausgangspunkt: Arolla, Alternative Cabane de Bertol
Höhe: 3641 m

Schwierigkeit:

 

 

 

S, 5a. (Die S-Bewertung kommt vermutlich rein von der Kletterschwierigkeit und ist meiner Meinung nach für die Gesamtbeurteilung etwas zu hochgegriffen. Die wenigsten Stellen sind zwingend, die Wegfindung einfach, die Tour eher kurz,...)   

Führerliteratur:    

SAC Führer oder C2C

Material:

 

Gletscherausrüstung, 40 m Seil, Cams 0.3-2, viele Schlingen, 6-8 Exen