Vrenelisgärtli (2904 m) – Chalttäli

Mit Matthias                                                                                                                                                      29/06/16

Glärnisch, Vrenelisgärtli, Chalttäli, Nordwand, N-Wand
Am Anfang macht man schnell und bequem viele Höhenmeter

Nach unserer Tour über den Guppengrat wollten wir jetzt -praktisch genau ein Jahr danach - auch noch den letzten der drei üblichen Anstiege aufs Vrenelisgärtli kennen lernen.  Endlich passt das Wetter und es liegt auch noch genügend Schnee für die Tour durch die Nordwand. Um 4:45 fahren wir von Baden zum Klöntalersee und stellen das Auto am Ende der Staumauer ab. Um 10 vor sechs marschieren wir los; mal auf dem Kiessträsschen, mal auf dem Wanderweg abkürzend hinauf zum Hinter Saggberg. Auf einem immer schmaler werdenden Weg geht es weiter zur Alp Tschinggel, wo sich der Pfad im steilen Wiesenhang fast verliert, dann aber wieder in einen schönen und gut befestigten Weg übergeht. Dies ist wohl der Tatsache zu verdanken, dass hier auch Kühe zur Alp gehen und der Weg dementsprechend gut in Stand gehalten werden muss.

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Der ungefähre Routenverlauf

Kurz vor 7 kommen wir zur Alp Mittelstafel, wo wir etwas trinken und essen und anschliessend dem nun horizontal verlaufenden Pfad ins Chalttäli folgen. Von hier können wir auch einen Grossteil der Route überblicken. Wegspuren folgend steigen wir nun links des Baches auf und überqueren diesen nach der markanten Steilstufe. Das geht hier gut, der Bach hat erstaunlich wenig Wasser wenn man bedenkt, dass dies die Zeit der Hauptschneeschmelze ist. Wir steigen weiter auf zur kleinen Seitenmoräne des (ehemaligen) Chalttäligletschers und folgen dieser bis sie flach wird. Hier liegt ein grosser Stein, auf welchem wir ein Steinmannli bauen. Wir setzen nun unsere Helme auf und legen gleich den Klettergurt an, auch wenn wir uns erst für den Abstieg über den Gletscher anseilen wollen.

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In der Felsrampe

Nun queren wir das Firnfeld etwa horizontal bis leicht ansteigend. Der Schnee ist weder zu hart noch zu weich, so dass wir keine Steigeisen brauchen. Wir überwinden den Bergschrund etwa in der Mitte der Felsrampe, die zum Chnorren hinaufführt. Über brüchige Felsen, Grasbüschel und Schutt steigen wir konzentriert hinauf - hier darf man nicht ausrutschen. Kurz vor 8 Uhr gelangen wir zur Grasrampe und es geht steil, aber angenehm und unschwierig weiter. Anfangs ist die Wegfindung noch leicht, dann wird das Gelände steinig und unübersichtlicher. Zum Glück sehen wir immer wiedermal relativ frische Fussabdrücke - so wissen wir, dass wir  richtig sind. Eine Wegbeschreibung zu geben ist hier fast unmöglich. Im Allgemeinen gilt aber: wenn es abschüssig oder schwierig wird ist man falsch.

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Im Aufstieg zum Chnorren - der Klöntalersee ist ein steter Begleiter
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In der ersten Querung liegt heute wenig Schnee; in Bildmitte die "chrumme Würm"

Um 9 Uhr erreichen wir den Chnorren und nach einer Stärkung machen wir uns an die Querung Richtung Nordosten zum Couloir. In leichter Kletterei über brüchige Felsen geht es erst aufwärts, dann auf einem zum Teil mit Geröll bedeckten Felsband nach links. Es liegt nur wenig Schnee, so dass wir noch ohne Steigeisen auskommen. Schneller und bequemer als erwartet erreichen wir das Couloir, wo wir nun die Steigeisen montieren und beide Eisgeräte in die Hände nehmen. In perfektem Trittfirn steigen wir auf - erst in einer riesigen, vom Schmelzwasser geformten Rinne, dann daneben. Einmal müssen wir auch in gemischter Kletterei eine Felsstufe überwinden - es ist ja schon eher spät im Jahr für diese Tour und der Firn wird langsam knapp. An den "chrumme Würm" genannten, spektakulären Felsformationen vorbei gelangen wir zum zweiten Band.

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Im ersten Couloir
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Im zweiten Band

Nun folgt eine 800 Meter lange Querung im 45-50 Grad steilen Firnband. Ab und zu können wir  normal vorwärts gehen, meist ist das Gelände aber zu steil und wir müssen in zeitraubendem "Krebsgang" seitwärts gehen. Der Firn ist aber meist griffig, und so kommen wir zwar nicht besonders schnell aber sicher  voran. Nur an einzelnen Stellen ist der Schnee schon ziemlich weich und rutscht weg - hier müssen wir Tritte schlagen, um mit den Steigeisen sicheren Halt zu bekommen. 

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Im Ausstiegscouloir

Nach gut der Hälfte zieht das Band leicht nach unten, wir müssen also Höhenmeter vernichten. Ich bin froh, als wir endlich das Ausstiegscouloir erreichen - aufsteigen ist im Firn definitiv leichter als absteigen! Immer noch ist der Firn perfekt und der Aufstieg, obwohl steil, total unproblematisch. Eindrücklich ist hier auch die Sicht hinter auf den Klöntalersee, unseren ständigen Begleiter. Nach etwa der Hälfte der Couloirs kommen wit zu einer Felsstufe. Wir überklettern diese auf der rechten Seite, etwa 5-10 Meter unterhalb des Klemmblocks (schöner Kletterzug, ca. III). Nun geht es - allmählich etwas müde - weiter aufwärts Richtung Horizont. Der Schnee wird bei jedem Schritt tiefer und feuchter und wir schwitzen - endlich erreichen wir den Schwandenergrat.

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Auf dem Gipfel ist es schön warm

Über den bekannten Normalweg - zum Glück mehrheitlich über Felsen und nur wenig im faulen Schnee - erreichen wir kurz nach halb eins den Gipfel. Hier ist es etwas windiger, aber trotzdem recht warm, so gönnen wir uns eine ausgiebige Pause mit Brot, Salami und Schoggi. Wir sind allein hier,  laut Gipfelbuch hat am selben Tag noch eine Seilschaft über den Guppengrat den Gipfel erreicht.

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Feuerlilien im Abstieg über den Normalweg

Über den Fels- und Firngrat machen wir uns an den Abstieg, wobei wir uns nach dem "Klettersteig" für den Gletscher anseilen. Da das Seil im tiefen Schnee eine starke Bremswirkung hat, bin ich  aber froh, als wir es danach wieder versorgen können. Über den gut markierten Weg gelangen wir zur Hütte, wo wir auf kurze Hosen wechseln. Leider hat die Hütte bis Juli unter der Woche zu - Cola und Apfelwähe wären jetzt perfekt gewesen! Auf dem Weiterweg kommen wir aber an Bächen mit eiskalten Wasser vorbei, welches - durstig wie wir sind - ebenfalls herrlich schmeckt. Der Abstieg von der Hütte bis zur Alp Werben ist landschaftlich und von der Flora her kurzweilig. Nelken, Teufelskrallen, Pipau, Vergissmeinnicht, Feuerlilien und viele andere Blumen sowie verschiedene Schmetterlingsarten gibt es hier zu sehen. Der Weg hinunter zum Klöntalersee ist dann weniger abwechslungsreich. Kurz nach fünf kommen wir zur Bushaltestelle Vorauen. Weil das nächste Postauto erst in anderhalbstunden fährt essen wir im Restaurant Vorauen sehr feine Pommes mit Schweinssteak  respektive Fischknusperli - einfach perfekt! Nach der Postautofahrt zum Stausee kühlen wir unsere Füsse im Klöntalersee und fahren dann müde aber zufrieden nach Hause. 

Fazit: Eine schöne, abwechslungsreiche gut erreichbare Tagestour ohne besondere Schwierigkeiten, die aber bezüglich Wegfindung  und wegen der permanenten Absturzgefahr und Länge trotzdem fordert.


 

Gipfel: Vrenelisgärtli 2904 m
Route: Chalttäli
Ausgangspunkt: Klöntalersee
Schwierigkeit: ZS+, III, 45-50°, T6
Höhenmeter: ca. 2200 m brutto
Ausrüstung: 2 Eisgeräte, Gletscherausrüstung für Abstieg

Infos zur Tour:

 

Cornel Suter hat auf seiner Webseite eine sehr gute Beschreibung, die uns sehr bei der Planung geholfen hat, herzlichen Dank!