Mit Matthias 30/03/17
Das Wetterhorn ist mit seiner unverkennbaren Form einer dieser Berge, die man unterwegs auf Tour (oder beim Langlaufen in Melchsee-Frutt) immer wieder sieht; gerade auch deswegen steht er schon lange auf meiner Wunschliste. Leider ist wieder einmal mehr das Wetter die Woche durch gut, während fürs Wochenende eine instabile Prognose vorliegt. Glücklicherweise kann ich mir den Donnerstag freischaufeln, so fahren wir um 02:50 los und kommen kurz nach halb 5 in der Rosenlaui an. Dank von Sternen erleuchtetem Himmel kann man schemenhaft das Wellhorn und die Engelhörnern ausmachen.
Wir frühstücken kurz und marschieren dann um 10 vor 5 mit aufgebundenen Ski bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt los. Auf dem schönen Weg Richtung Engelhorn- und Dossenhütte, den ich vom Klettern im Sommer kenne, kommen wir bald zu einer durchgehenden Schneefläche und steigen mit den Ski weiter. Leider ist aber bald wieder fertig mit Schnee und wir müssen die Ski schultern. Im Nachhinein hätte es sich gelohnt, diese nochmals ordentlich aufzubinden, denn insgesamt würden wir fast eine Stunde zu Fuss unterwegs sein, und auf dem stufenreichen und teils schmalen Weg hätten zwei unterstützende Skistöcke geholfen. Bei der Wegverzweigung auf Höhe des Gletscherhubels (ca. 1660 m) können wir dann aber definitiv mit den Ski an den Füssen weitergehen.
Erst mässig, dann stärker ansteigend geht es über Lawinenkegel in Richtung Talkessel. Während zwei Lichter weit vor uns zuhinterst im Tal direkt zum Rosenlauibiwak aufsteigen, ziehen wir in zahlreichen Spitzkehren die schmale Rinne auf der östlichen Talseite hoch um hinter die Moräne zu gelangen. Dafür montieren wir die Harscheisen, denn der Firn ist sehr hart und das Gelände steil. Im Nachhinein merken wir, dass wir besser erst eine Rinne später aufgestiegen wären, das wäre kürzer und bequemer gewesen, aber eine grosse Rolle spielt es nicht.
Nach einem kurzen Flachstück geht es steil und eng hinauf Richtung Rosenlauibiwak. Die Schneeschicht ist recht mühsam, denn sie hat erstens eine vereiste Oberfläche, auf der die Felle nicht halten, und bricht zweitens bei jedem Schritt durch, so dass die Harscheisen im losen Schnee darunter auch nicht greifen. Die letzten Meter im Couloir legen wir deshalb kraftsparender zu Fuss zurück. Unterdessen ist es hell geworden und wir blicken hinunter in das erwachende, frühlingshafte Reichenbachtal.
Etwa auf Höhe der imposant auf dem Tossengrat thronenden Dossenhütte kommen wir um 7:45 zum Rosenlauigletscher, wo wir erstmals was essen und uns anseilen. Zwischen den an Schlagrahm erinnernden Eisformationen gehen wir über den sehr gut eingeschneiten Gletscher, der bald recht flach wird und uns erlaubt, die Harscheisen zu lösen (schon genial wie schnell das mit der G3 Ion Bindung geht!). Die Tagestour auf den Tödi vor ein paar Tagen sitzt noch in den Beinen, und ein paar stressige Arbeitstage in Kombination mit wenig Schlaf waren der Regeneration nicht förderlich gewesen. So gehen wir mit Blick auf das Rosenhorn in sehr gemütlichen Tempo über die Weite und geniessen die warme (oder schon fast heisse) Sonne und das stets imposanter werdende Panorama.
Trotzdem kommen wir gut voran und erreichen kurz nach halb 10 den Wellhornsattel. Ab hier verzichten wir auf das Seil, montieren aber wieder kurz die Harscheisen, denn um auf den Hengsteren-gletscher zu kommen müssen ein paar abschüssige Stellen mit blankem Gletschereis überwunden werden (was mir selbst mit Harscheisen etwas unheimlich ist, man hat das Gefühl, die Zacken biegen sich durch...). Nun ist unser Ziel in Sichtweite gerückt, und bequem steigen wir zum Wettersattel auf. Nach einer kurzen Rast gehen wir zu Fuss mit Steigeisen auf guter Spur die letzten Höhenmeter zum Gipfel. Meine Oberschenkel sind froh, dass die Bergführerin mit Gast vor mir nicht allzu schnell geht, so habe ich Grund es gemütlich zu nehmen, Fotos zu machen und das Panorama zu geniessen. Die letzten Meter sind dann eine richtige Himmelsleiter, und man muss sich geradezu über die Kante stemmen um auf den Gipfel zu kommen!
Als wir kurz vor halb 12 den Gipfel erreichen ist es nahezu windstill und wir nehmen uns Zeit für Fotos, um das Panorama auf zu saugen und herauszufinden, welche Berge man sehen kann. Der Abstieg fordert dann nochmals Konzentration, der Trittschnee ist zwar perfekt, aber ein Fehltritt ist hier nicht erlaubt. Wieder zurück beim Skidepot richten wir uns für die Abfahrt ein. Wie erwartet bietet der windgepresste Schnee kein Vergnügen. Nach dem kurzen Gegenanstieg beim Wellhornsattel und ein paar weiteren eher anstrengenden Höhenmetern Abfahrt kommen wir aber doch noch zu ein paar schönen Schwüngen im Sulz. Nach dem Gletscher ist die Schneeoberfläche immer noch überfroren und so hart, dass die Skikanten kaum greifen, die Abfahrt durch das Couloir geht dann aber wieder besser, auch wenn nicht mehr viel Kraft in den Beinen ist. Zuletzt können wir noch etwas Sulz geniessen, bevor wir die Ski endgültig abschnallen. Nach einer ausgiebigen Rast am Bach nehmen wir dann noch denn Fussabstieg in Angriff. Leider hat das Hotel Rosenlaui geschlossen, aber auf der sonnigen Terrasse des Gasthauses Zwirgi oberhalb von Meiringen können wir in kurzen Hosen und T-Shirt mit einem Bier auf die gelungene Tour anstossen.
Route: | Normalroute von Rosenlaui |
Ausgangspunkt: | Rosenlaui |
Höhenmeter: | ca. 2400 m |
Schwierigkeit: | ZS+ |
Material: | Skitouren- und Gletscherausrüstung inkl. Steigeisen und Pickel |
Führer: | SAC-Führer Skitouren Berner Alpen Ost |