Überschreitung Täschhorn (4491 m) - Dom (4545 m)

Mit Lea                                                                                                                                                                                                                 27/08/17

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Der Alphubel vom Feekopf aus gesehen. Die Ziele vom nächsten Tag - Täschhorn und Dom - verstecken sich dahinter in den Wolken.

Wie so oft im Sommer 2017 sind die Wetterprognosen unklar und ändern sich ständig. Keine guten Vorraussetzungen für eine lange Überschreitung, aber wir wollen einen Versuch starten. Als Zustieg zum Mischabeljochbiwak wählen wir die Route über den Alphubel; so reisen wir nach Saas Fee und von dort mit der Metro Alpin nach Hohsaas. Am Ende der Skipiste seilen wir an und steigen um halb 12 gemütlich über den Gletscher zum Feejoch. Wie immer wenn als reine Frauenseilschaft unterwegs, müssen wir uns blöde Kommentare anhören. Aufmunternd hingegen ist ein Walliser Bergführer, der meint das Wetter werde morgen gut sein. In leichter Kraxelei geht es über den Feekopf, hinunter ins Alphubeljoch und wieder hinauf zum Alphubel. In der Eisnase herrschen perfekte Trittfirnverhältnisse; limitierend ist hier nur die Kondition unserer nicht akklimatisierten Körper. Auf dem Gipfel angekommen machen wir ausgiebig Rast - der erste 4000er des Wochenendes ist geschafft ;-)

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Blick hinunter zum Mischabeljochbiwak

In gemischter Kletterei geht es hinunter zum Mischabeljochbiwak. Unterdessen hat der Himmel weiter zugezogen und von Zermatt her kommt eine Front auf uns zu. So geben wir Gas und kraxeln zügig über die plattigen Felsen hinab ins Joch und die Stufen hinauf zum Biwak, wo wir gleichzeitig mit dem Schneegestöber ankommen - was für ein Timing! Sieben Leute sind schon im warmen und gut ausgerüsteten Biwak, es kommen aber keine weiteren dazu, so haben wir viel Platz und verbringen einen gemütlichen Nachmittag/Abend mit kochen und planen; und hoffen dabei, es würde nicht allzu viel Neuschnee geben.

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Im Aufstieg zum Täschhorn

Um drei Uhr klingeln die Wecker und um zehn vor 4 brechen wir gemeinsam mit einer welschen und einer deutschen Seilschaft auf. Es ist vorläufig noch relativ warm und man sieht die Lichter von Saas Fee - das Wetter stimmt also und auch die Felsen sind trocken. Vorerst gehen wir seilfrei, die Wegfindung ist dank den Steinmännern und Steigeisenkratzern leichter als gedacht und wir kommen in einen richtigen Flow, auch wenn wir die Höhe schon etwas spüren.

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Kurz vor dem Gipfel des Täschhorns wird es hell

Je höher wir kommen, desto frischer wird der Wind und wir sehnen uns den Sonnenaufgang herbei. Endlich dämmert es, da taucht auch schon - fast etwas überraschend - das Gipfelkreuz des Täschhorns auf, und zusammen mit den beiden anderen Seilschaften erreichen wir kurz vor halb sieben den Gipfel. Es ist uns bewusst, dass der schwierige Teil der Tour noch bevorsteht, aber die Tatsache, dass wir hier 1.5 Stunden vor der Führerzeit liegen stimmt uns trotzdem positiv.

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Vom Täschhorn geht es hinunter zum Domjoch
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Neuschnee im Abstieg zum Domjoch

Wir können uns also eine ausgiebige Rast gönnen - allerdings wird es bald einmal zu kalt. So ziehe ich mir Daunen- und Coretexjacke sowie Skihandschuhe an und wir machen uns an den Weiterweg. Wie befürchtet liegt im Abstieg zum Domjoch Neuschnee - wie hiess es noch im Führer: "bei Neuschnee nicht zu empfehlen"? Die Kletterei an den verschneiten, plattigen Zacken ist mit den dicken Handschuhen in der Tat etwas schwieriger, und Windböen, die uns den Pulverschnee ins Gesicht peitschen, verleihen der Tour zusätzliche Wildheit, die mir irgendwie auch Spass macht und ein starkes Gefühl gibt.  Richtig schwer ist die Kletterei nie, der Fels ist meist sehr stabil und bietet viele Zacken, um die Tour am laufenden Seil sicher zu gestalten.

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Neuschnee im Abstieg zum Domjoch

Ich schätze es sehr, mit Lea unterwegs zu sein. Auf einer Grattour, bei der es mal aufwärts mal abwärts geht ist es von grossem Vorteil, wenn beide Partner gleichstark sind. So ist die Person, die vorausgeht, abwärts von oben gesichert, darf aber aufwärts nicht stürzen - bei der hinteren Bergsteigerin ist es umgekehrt. Wenn beide das Gelände beherrschen, muss nie getauscht werden und man kommt effizient vorwärts.

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Blick vom Domjoch zurück zum Täschhorn

Mal links mal rechts von der Kante und einmal auch etwas in der Flanke auf der Südseite lassen wir die drei Türme hinter uns und kommen in einfacheres Gelände. In den Firnpassagen können wir noch die Spuren von den Tourengängern des Vortags ausmachen - hier liegt überall guter Trittschnee. So erreichen wir um viertel vor 9 das Domjoch. Zu unserem Erstaunen haben die anderen beiden Seilschaften auf dem Täschhorn bzw. kurz danach umgedreht, so sind wir alleine unterwegs.

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Domjoch und Aufstieg zum Dom.

Da wir nochmals Zeit gutgemacht haben, gönnen wir uns erneut eine ausgiebige Pause und machen uns dann an den Wiederaufstieg zum Dom. Leider ist hier der Fels so brüchig wie sein Ruf... Wäre er stabil, wären die Kletterpassagen leicht - so aber muss mit äusserster Vorsicht geklettert werden. Nicht immer ist ganz klar, welches die beste Routenwahl ist. Wir klettern nur einmal etwas in der Südflanke, ansonsten überklettern wir die Türme bzw. umgehen nur ihre  Spitze. 

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Die steilen Türme sind alle sehr brüchig, aber immer noch besser als die Flanke. Ab dem flachen Firngrat wird der Fels wieder besser.

Während wir bis anhin noch keine Cams und nur selten mal eine Schlinge gelegt haben, sind wir nun froh um diese Sicherungsmittel (auch wenn sich der brüchige Fels nicht gerade leicht absichern lässt). Kurz vor Erreichen des flachen Firngrates treffen wir 2-3 Mal auf Schlaghaken, die wir natürlich gerne klippen.  Der Firngrat ist wiederum perfekt zu gehen.

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Brüchiger Fels bedingt viel Vorsicht

Nun wird der Fels recht stabil, die steile (zum Teil sogar leicht überhängende) Kletterei macht wieder mehr Spass. Die Griffe müssen aber immer noch mit Vorsicht angefasst werden, auch her gibt es noch einige lose Schuppen. Die letzten Höhenmeter ziehen sich etwas in die Länge, aber gerade  als ich denke, nun könne es dann langsam fertig sein, kommt das Gipfelkreuz in Sichtweite. Die letzen Meter sind pures Glücksgefühl, ich bin sogar richtig gerührt, als wir um zehn vor 12 den Domgipfel erreichen. Schon lange hatte ich diese Tour im Kopf, mit viel Respekt bin ich aufgebrochen - nun ist alles so gut gegangen und nie hätten wir erwartet, so schnell zu sein. Es war fordernd aber nie überfordernd - genau richtig, um die Tour noch lange in Erinnerung zu behalten.

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Kurz vor dem Gipfel des Doms - Blick zurück zum Täschhorn

Der Abstieg über den Normalweg gestaltet sich erst sehr bequem - im tiefen Pulverschnee kann man zügig voranschreiten. Die Tiefe der Spalten und die Seraczone kurz vor dem Festijoch sind aber schon eindrücklich. Beim Festijoch gibt es dann Stau - dafür lernen wir hier Andrea aus Rumänien und Evelina aus Russland kennen, mit denen wir später auf der Hütte noch Bier, Schnaps und Kuchen geniessen. Der schuttige Felsriegel und das nachfolgende, steile Blankeisfeld ist aber für viele Tourengänger eine grosse Herausforderung und fordert an diesem Tag auch ein Unfallopfer. Nach dem weiteren Abstieg über den Gletscher und die Moräne erreichen wir kurz vor vier die Hütte. Auch wenn wir es noch gut Hause geschafft hätten, ziehen wir es vor, hier zu übernachten und geniessen einen gemütlichen Abend in slowakischer  Gesellschaft, um  am nächsten Tag über die neue Hängebrücke nach Randa abzusteigen. Ein solch gebührender Ausklang hat die Tour ja auch verdient!


Gipfel:            Täschhorn - Dom
Route: Mischabelgrat zum Täschhorn,  Überschreitung zum Dom
Ausgangspunkt:  Mischabeljochbiwak
Höhe: 4491 m - 4545 m
Schwierigkeit: S, 3b
Führer: Hochtouren Topoführer Walliser Alpen (Silbernagel/Wullschleger)