Mönch (4107 m) – Südwand

Mit Eva                                                                                                                                                                 23/10/21

Mönch, Südwand, Hochtour, Jungfrau, Jungfraujoch, Überschreitung, Normalweg, Südarm, Südostgrat, SE-Grat S-Wand
Blick zurück zum Stollenjoch und der Jungfrau auf dem Weg zum Obren Mönchsjoch

Aus arbeits- und fitnesstechnischen Gründen kommt für mich heute nur eine wenig strenge Tagestour in Frage. So nehmen wir, mit dem Plan, den Mönch über seine Nordostwand zu besteigen, um 7:20 Grindelwald die auch für Bergsteiger zugängliche Personalbahn. Kurz vor halb neun öffnen wir das Tor beim Stollenausgang und treten in die winterlich anmutende Bergarena hinaus. Der kalte Schnee knirscht unter unseren Füssen, als wir in Richtung Mönchsjochhütte stapfen, es ist jedoch windstill und sobald wir an der Sonne sind, wird es angenehm warm. 

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Nach Abwägen der Optionen und Chancen heisst das neue Ziel "Mönch Südwand".

Auf dem Weg zum Obren Mönchsjoch fällt uns auf, dass die Südwand gute Verhältnisse aufweist. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Routen in der Umgebung, wo der stürmische Südwestwind der letzten Tage vor allem nordexponierte Stellen blank gefegt hatte. Bei der Mönchsjochhütte angekommen beratschlagen wir kurz: falls die ganze Nordostwand blank sein sollte, würden sehr wir viel sichern müssen und so die letzte Bahn um 16:15 kaum schaffen. Von hier können wir die Verhältnisse nicht einsehen, dazu müssten wir noch ein gutes Stück Weg im Tiefschnee zurücklegen und hätten dann keine Zeit mehr für einen anständigen Plan B. Wir beschliessen also, auf das sichere Pferd Südwand zu setzten, welche wir beide ebenfalls noch nie gemacht haben.

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Im Zustieg zur Südwand - hinten der Normalweg über den SE-Grat

Im Zustieg zu Wand ist der Schnee teilweise tief und schwer zu spuren. Zum Glück können wir uns hier abwechseln. Noch wichtiger ist, dass wir einen guten Weg durch die nicht unbedenkliche Spaltenzone finden. Auf ca. 3760 m machen wir uns bereit für die eigentliche Eiswand. Mir ist richtig hiess, und ich stopfe alle Jacken in den Rucksack - und das Ende Oktober! Das Umdisponieren auf die Südwand zeigt schon mal den ersten Vorteil auf...

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Am Einstieg der eigentlichen Wand wird es Zeit, nochmals eine Jacke auszuziehen! (Foto: E. Passarge)

Mit etwas Vorsicht lässt sich der Bergschrund gut überwinden. Der leicht angefeuchtete Schnee fühlt sich stabil an unter unseren Füssen und wir geniessen entspannt die Sonne und das herrlich warme Hochgebirgswetter. Kann man sowas noch Nordwandtour nennen?!

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Eva untersucht den Bergschrund.
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Perfekte Bedingungen im unteren Abschnitt der Südwand. Hier wird auch deutlich, das die Spalten im Zustieg nicht gerade klein sind... (Foto: E. Passarge)

Weiter oben spüren wir dann plötzlich Blankeis unter den Steigeisen und Eisgeräten und beginnen, mit Eisschrauben  zu sichern. Da wir viele dabei haben, kommen wir simultan gehend zügig voran, auch wenn fürs Schraubensetzen zunehmend mehr Schnee beiseite geschaufelt werden muss.

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Aufgrund von Blankeis sichen wir den letzten Abschnitt der Wand mit Eisschrauben.
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Das Überwinden der Wächte gestaltet sich aufgrund ihrer Konsistenz nicht so einfach wie gedacht...

Schon wähnen wir uns auf dem Gipfelgrat, denn die Wächte sieht aus 40 m Entfernung problemlos aus. Dies täuscht aber ordentlich, der Schnee im senkrechten Aufschwung ist nämlich so weich, dass die Eisgeräte keinen Halt finden und man mit den Füsse den Schnee wegbricht, statt darauf aufstehen zu können. Mit sehr langen Armen hätte man die Geräte wohl problemlos in das sich hinter dem Grat befindende Eis schlagen können, aber wir sind zu kurz dafür. Da wir hier auch kein Eis zur Sicherung finden, wollen natürlich auch nicht unbedingt auf irgendwelche low-percentage Bouldermoves zurückgreifen... Mit vereintem Effort gelingt es uns aber doch, und fast etwas erschrocken, dass es auf der anderen Seite so steil runter geht, robbe ich mich schliesslich auf den Südwestgrat und stehe dort, wo ich vor knapp einem Jahr aus der Nollenroute ausgestiegen bin. Hier lassen sich auch gut Eischrauben zur Sicherung anbringen.

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Über die Wächte erreichen wir den Südwestgrat.
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Blick über die Nollenroute.
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Blick vom Gipfel über den Südostgrat

Nun sind die Schwierigkeiten vorbei und wir gelangen in wenigen Minuten zum Gipfel, wo zwar ein leichter Wind weht, die beiden Daunenjacken aber immer noch im Rucksack bleiben können. Was für ein Genuss, hier zu sein! Etwas erstaunt stellen wir fest, dass auch die Nordostwand Topbedingungen aufweist - aber die läuft uns ja nicht weg. Nach Südwestgrat, Nollen, Lauper und jeweils Südostgrat im Abstieg ist die Südwand immerhin unsere 5. Route am Mönch.

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Die Route ist zumindest im unteren Teil sehr gut ausgetreten. (Foto: E. Passarge)

Perfekt sind die Bedingungen auch auf den Abstieg, mit einer gut ausgetreten Spur und trockenen Felsen. Wir nehmen uns Zeit und schwatzen mit anderen Seilschaften. Nach einmaligem Abseilen auf den Gletscher seilen wir uns konservativ für die wenigen Meter bis zur Piste nochmals an, dann gehen wir zügig in Richtung Stollenloch, um den 15:15 Zug noch zu erwischen, da wir sonst eine Stunde hätten warten müssen. Ein ausgiebiges Gipfelbier und einen Kaffee gibts es dann eben erst auf dem Brünig. Danke Eva für einen weiteren tollen Tourentag!

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Unser Routenverlauf durch die Südwand (Foto: E. Passarge)

Gipfel:            Mönch
Route: Südwand
Ausgangspunkt:  Bergstation Jungfraubahnen
Höhe: 4110 m
Schwierigkeit: ZS, 50 °

Karte/Führer:

Eisrouten in den Alpen (Idea Montagna Editoria e Alpinismo)