Mit Holmger 26/06/21
Während der gewitterhaften Phase Ende Juni liegt in höheren Gefilden viel Schnee, der sich aufgrund fehlender Abstrahlung auch kaum verfestigen kann und bei den hohen Temperaturen schon frühmorgens weich und heikel wird. Angezeigt ist demnach eine nicht allzu hoch gelegene Gratklettertour, welche wir einmal mehr im Grubenkessel finden. Der Samstag ist der einzige stabile Tag des Wochenendes, so gehen wir schon am Freitag Abend kurz nach 18:30 von der Handegg los. Da wir für kommende Unternehmen ein paar Dinge austesten wollen, ist diesmal auch unser Biwakmaterial im Gepäck - natürlich kann man stattdessen auch komfortabel in der schönen Gruebenhütte übernachten.
Ursprünglich hatte ich mir ein Biwak westlich des Gröebeseewlis vorgestellt, doch ab dem See liegt eine geschlossene Schneedecke, so installieren wir uns auf der grossen und ebenen Terrasse des Werkhauses am Nordostrand des Sees , welche wir nach knapp 2h erreichen. Es ist zwar nicht wirklich kalt, aber doch feucht-klamm, und so verkreichen wir uns nach dem Nachtessen schnell in unsere Schlafsäcke. Später klart es auf und wird etwas windig, wir verbringen aber eine einigermassen angenehme Nacht.
Da es früh hell ist, erwachen wir schon vor dem Weckerklingeln, geben uns aber recht lange dem Biwakfeeling hin und trinken 2 Kaffees in der wärmenden Sonne. So wird es nach 7:30, als wir uns endlich auf den Weg machen und der Schnee beginnt schon weich zu werden. Trotz gelegentlichem Einsinken kommen wir aber gut voran. Für das Überqueren des Gletschers seilen wir uns an und erreichen in praktisch direkter Linie den Fuss des Ostpfeilers. Auch der Übergang auf den Fels gestaltet sich problemlos, und kurz nach 9:30 sind wir bereit zur Kletterei.
Wie erwartet sind die ersten, erst kürzlich vom Gletscher freigegebenen Meter sehr brüchig und sandig. Die Kletterei ist aber abgesehen von ein paar kurzen und lässigen Passagen im 3. oder 4. Grad vorerst noch leicht. Das nur rudimentäre Topo lässt viel Spielraum für Interpretation - im positiven Sinn. So nehmen wir es einfach als grobe Orientierung und klettern der Nase nach. Ein, zwei Mal kommen wir an Schlingenständen vorbei, ansonsten sind kaum fixe Sicherungen vorhanden. Allzu weit von der Route abkommen kann man aber gar nicht, da sich diese stets in Nähe des markanten Pfeilers bewegt.
Die dritte Seillänge ist dann anhaltender und anspruchsvoller. Die Bewertung 4c passt wohl gut - richtig schwer ists nie - aber etwas Commitment ist schon gefragt, gerade weil man nicht sicher ist, ob der Weg stimmt und man Anschluss findet.
Die plattige Schlüsselstelle (4c) in der gemäss Topo 7. Seillänge ist dann mit Bergschuhen wirklich ziemlich knifflig. Den Schlaghaken - den einzigen, den wir auf der ganzen Route angetroffen haben - kann man auch erst klippen, wenn die schwersten Kletterzüge bereits hinter einem liegen. Er bestätigt aber uns aber, auf der Route zu sein, und der Rest bis zum Grat ist dann flowige Genusskletterei ohne besondere Schwierigkeiten, wobei auch hier wieder viele Varianten möglich sind.
Nach knapp 4h erreichen wir ohne zu eilen Punkt 3073.m auf dem Nordgrat. Da dieser zwar exponiert aber einfach aussieht, gehen wir erst seilfrei in Richtung Gipfel, seilen uns dann aber kurz vor dem tiefsten Punkt nochmals für eine Seillänge an, da uns eine Abkletterpassage ungesichert doch etwas heikel vorkommt. Danach geht es einfach aber sehr genussvoll weiter zum Gipfel, so dass wir den Abschnitt auf dem Nordgrat in insgesamt 45 min zurücklegen.
Der Abstieg über Südgrat und die NW-Flanke wird nach Besteigung des Diamantstockes über den sehr beliebten und gut abgesicherten Ostgrat oft begangen und ist deshalb auch unkompliziert und dank zahlreichen Steinmännchen einfach zu finden, auch wenn der sehr weiche Schnee in Wandmitte etwas Vorsicht fordert. Nach dreimaligem Abseilen über die gute Abseilpiste stehen wir auf dem Bächligletscher und erreichen ohne nennenswerte Gegensteigung die Undri Bächlilicken. Schon sehen wir uns beim wohlverdienten Bier, als wir bemerken, dass der Abstieg von der Undren Bächlilicken auf den Gröebengletscher wegen dem vielen Schnee nicht so einfach ist. Wir versuchen zuerst, direkt (also gleich beim Einstieg in den Ostgrat) über die brüchige Flanke abzusteigen, verwerfen die Idee aber bald, denn das Gelände ist so steil, dass sich beim Verschieben eines Steines gleich alles in Bewegung setzt. So klettern wir also vorsichtig zwischen Fels und den schon sehr weich gewordenen Schneefeldern durch und erreichen so den tiefsten Punkt der Lücke. Eine gute Wahl, denn nun können wir den weiteren Abstieg dank Abseilstelle und Fixseil sicher gestalten.
So störend der Schnee in der Lücke gewesenen ist - ab jetzt erleichtert er uns den Abstieg enorm! Zügig erreichen wir unseren Biwakplatz und räumen gemütlich die hier deponierten Sachen zusammen, bevor wir uns an den weiteren Abstieg zur Handegg machen. Gegen Ende werden die zu Saisonbeginn halt noch unvorbereiteten Oberschenkel müde und die Kehlen durstig, doch die Freude über die runde und vielseitige Tour, auf der wir trotz bestem Wetter keine Menschenseele angetroffen haben, überwiegt natürlich.
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