Moor - Moorphium (7b)

Mit Matthias                                                                                                                                                                               10/07/16

Klettern, Moor, Moorphium, Alpstein, Zustieg
Von den beiden Zu- und Abstiegsvarianten A und B ist B die bessere; C=Wanderweg, D=Moorphium; für mehr Details siehe unten

Schon seit längerem hatten wir den Moor auf unserer Wunschliste - heute wollen wir ihn endlich besuchen. Bei dem heissen Sommerwetter wäre zwar eher eine schattige Route angezeigt, doch nach einem regnerischen Frühling und Frühsommer haben wir Lust auf Sonne - zudem sind wir zuversichtlich, dass die Temperaturen in der Höhe nicht so hoch sein werden (so kann man sich täuschen…). Nach 1h30 Reisezeit in meine alte Heimat, das Toggenburg können wir kurz nach 8:00 in Wildhaus losmarschieren. Erst gehts durchs angenehm schattige Fürentobel, dann in der heissen Sonne weiter auf dem Wanderweg an unzähligen Feuerlilien vorbei zum Schafboden. Hier gilt es nun, den besten "Weg" durchs abschüssige Gelände zur Wand hinauf zu finden. Wir entscheiden uns für Variante "A", die sich im Nachhinein als die mühsamere und exponiertere herausstellt. Über steile Grashänge, leichte Felsen (ca. II) und zum Teil im trockenen Bachbett gelangen wir so in ca. 1h50 zum Wandfuss. Dort angekommen sind wir schon ziemlich ausgedörrt - das erhoffte kühle Windchen bleibt auch hier aus.

Klettern, Moor, Moorphium, Alpstein, Zustieg
Auch die Kühe hatten heute heisse Füsse...

Nach einer Verpflegungspause geht es los. Die erste Seillänge (6c) beginnt plattig/ technisch, nach einem kleinen, nicht allzu schweren Dach folgt Piazkletterei zu einem unbequemen Hängestand. Die Kletterei ist sehr schön in gutem Fels und nicht allzu schwer, die Hakenabstände sind aber beträchtlich - es muss zusätzlich Material gelegt werden, was nicht immer so einfach ist in diesen Fels. Die nächste Seillänge (6c+) fordert dann physisch von Anfang an, das Dach zu Beginn braucht gleich schon mal viel Power. Der Rest ist dann weniger kraftintensiv, aber technisch nicht leichter. Wegen den spärlichen Bohrhaken ist auch die Routenwahl alles andere als offensichtlich. Wiederum ist die Kletterei aber fantastisch, in solidem und oft messerscharfen Kalk. So (oder eigentlich noch schöner) geht es in der dritten, sehr langen Seillänge(6c+) weiter. Die schwerste Stelle kommt ziemlich am Anfang: von einem grossen Untergriff greift man an scharfe Käntchen und platziert den Fuss hoch, dann heisst es aufstehen- wenn man daran glaubt geht es eigentlich ganz gut. Danach wird es leichter - die Schwierigkeit besteht darin, den leichtesten Weg zu finden, respektive den nächsten Bohrhaken oder eine gute Cam-/Keilplatzierung. Leider kann ich die fantastische Kletterei nicht vollständig geniessen, da mich die Hitze schon ziemlich erschlagen hat und meine angeschwollen Füsse in den eigentlich sehr bequemen Katana-Kletterfinken ziemlich schmerzen.

Klettern, Moor, Moorphium, Alpstein, 3. Seillänge
Fantastische Kletterei in der 3. Seillänge

Nach einigen Metern leichte Kraxelei über brüchige Felsen kommt hier im der vierten Seillänge schon das Wandbuch. Die Route wird nicht oft besucht und bekommt etwa 3 Begehungen pro Jahr - die letzte stammt vom 30. 12. 2015. Nach weiteren brüchigen Metern folgt die 7b Stelle - sie sieht nicht besonders lohnenswert aus und wir nehmen uns nicht mal die Mühe, sie frei zu klettern. Die letzten Meter der Seillänge sind aber nochmals schön - eine technisch feine Traverse an Tropflöchern und Seitengriffen fordert hier auch einmal etwas die Psyche des Nachsteigers ;-). Die fünfte Seillänge (6c) beginnt wieder steil und fordert auf den ersten Zügen einiges an Explosivkraft. Danach wird sie deutlich leichter da weniger steil und mit gutem Tritt- und Griffangebot in Form von unglaublichen Kalkformationen. Die sechste Seillänge (6b) besteht mehrheitlich aus Gehgelände, enthält aber zwei schöne Einzelstellen. Die zweite davon, kurz vor dem Stand, ist für kleine Personen recht hart für den Grad, mit einem Heelhook-Rockover-Move kann ich sie dann doch lösen. Die Seillänge ist lang, 50-Meter Seile reichen aber gut aus -  hier befindet sich endlich mal ein bequemer Stand! Die letzte Seillänge (6c+) beginnt  hart und steil über einen Bauch, danach wird's dann aber deutlich leichter, über weite Strecken sogar recht friedlich - richtiges Genussklettern in schönsten Fels!

Klettern, Moor, Moorphium, Alpstein, 4. Seillänge
Traverse zum Stand der vierten Seillänge (7b)

Oben angekommen trinken wir die letzten Schlucke Wasser in unserer Flasche und machen uns dann ans Abseilen. Trotz viel Schutt auf dem Band der 6b-Länge und unzähligen scharfkantigen, seilfressenden Wasserrillen geht das problemlos von sich, und so sind wir nach Abseilmanövern am Wandfuss, wo mehr Wasser und frische Luft für unsere Füsse auf uns wartet. Während dem Klettern hatten die Kolkraben im Couloir neben uns einen riesigen Lärm veranstaltet und Steine heruntergeworfen - einmal auch etwas, das wie ein Raubvogel aussah. Nun sehen wir, dass es eine junge Gämse gewesen war - sie liegt tot am Wandfuss. Die Raben mussten sie als Bedrohung für ihre Nester angesehen haben. Auch wenn es ein Jungtier gewesen war, so sind wir doch beeindruckt von der Kraft der Vögel - ausserdem ist es uns schleierhaft, wie die Gämse in diese steile Felswand gelangen konnte.

Klettern, Moor, Moorphium, Alpstein, Zustieg
Der steile Teil der Zustiegsvariante B im Detail

Nach einer kurzen Pause machen wir uns an den Abstieg - dabei wollen wir eine andere, hoffentlich bessere Variante versuchen und gehen am Wandfuss entlang bis bis eine steile  Grasrampe hinabführt. Über diese steigen wir ab, was etwas unheimlich ist wenn man den Weg nicht kennt und nur immer ein paar Meter weiter sieht. Es gibt hier aber alte Fusstritte, und auf diese stehend funktioniert es ganz gut - im Nachhinein sicher die bessere Variante mit einer kürzeren weglosen Strecke, vor allem wenn man hier schon im Aufstieg entlang geht. Nun folgt noch der Abstieg auf dem Wanderweg nach Wildhaus, wo wir uns erstmals ein Bad im Schönenbodensee gönnen. Was gibt es herrlicheres für heisse, schmerzende Füsse als ein Bad im kalten Moorsee?! Nach Rösti beziehungsweise frittierten Pouletflügeli und Pommes im Restaurant Sonne reisen wir dann müde aber zufrieden zurück.


Charakter:

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Route ist bezüglich Fels, Zustieg und Absicherung gut vergleichbar mit Routen an der Roten Fluh oder an den Wendenstöcken. Sie beinhaltet sehr schöne, abwechslungsreiche Kletterei an scharfen Tropflöchern, Seitengriffen und Schuppen in meist stabilen Kalk. Die Route fordert wegen der beträchtlichen Bohrhakenabständen ein gutes Routenlesungsvermögen und die Fähigkeit, solide Zwischensicherungen zu platzieren. Der Vorsteiger sollte sich bei 6c+ noch im Komfortbereich befinden, und auch der Nachsteiger muss wegen den Traversen 6c+ zwingend klettern können. Wer das drauf hat und den Zustieg nicht scheut kann sich hier höchstwahrscheinlich ganz allein über eine fantastisch Kletterei freuen.

Ausrüstung:

 

Keile Nr 5-10, Cams bis BD C4 Nr. 1; mindestens 12 Expressen, wenn man viel legen will und die Cams mit Expressen verlängert besser noch mehr, die Seillängen sind lang.

Führer:

Extrem Ost