Aiguilles du Tour (3540 m) – Arête de la Table

Mit Philipp                                                                                                                                                     15/09/2019

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Einfach eine schöne Gegend: das Trientgebiet mit der Cabane d'Orny und den Petit Clocher du Portalet; im Hintergrund der Grand Combin

Nach einer Kaltfront, die in der Nordschweiz einiges an Neuschnee gebracht hat, zeichnet sich für das kommende Wochenende ein stabiles Hoch ab. Da wir nicht die einzigen sind, die nochmals in die Berge wollen, bevor die Saison ein Ende nimmt, müssen wir von unserem ursprünglichen Plan, dem Weisshorn Nordgrat abweichen und peilen stattdessen das Trientgebiet an. Auch im Zug ins Wallis sind wir nicht die einzigen... Es kommt zu Verspätungen und der Anschlusszug in Martigny kann nicht abwarten. Weil der Bus nach Champex nur alle 2 h fährt und unser Autostoppversuch kläglich scheitert, müssen wir die Zeit auf Bahnhöfen totschlagen, statt sie bei Bier und Aussicht auf der Hütte zu geniessen... 

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Aussicht von der Trienthütte mit den Aiguilles Dorées, Petite und Grande Fourches, Aiguille du Chardonnet (im Hintergrund) und Tête Blanche (Bild: Philipp Kohler)

Irgendwann aber kommen wir auch in Champex an, legen die ersten Höhenmeter mit dem Sessellift zurück und wandern dann von la Breya in 3 h zur Cabane du Trient hinauf. Die schöne Landschaft leuchtet  im Herbstlicht und lässt uns die Rücksäcke, die mit viel Ausrüstung für verschiedene Tourenoptionen schwer bepackt sind, etwas vergessen. Da das Nachtessen erst nach 19 Uhr serviert wird, bleibt trotzdem noch Zeit für Bier und Sonne auf der Terrasse - die Aussicht hier ist ja auch fast unschlagbar.

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Abendstimmung auf der Trienthütte, in Bildmitte die beiden Gipfel der Aiguilles du Tour, links davon und etwas tiefer die Aiguille Purtscheller

Beim Gespräch mit dem Hüttenwart wird schnell klar, dass sich eine Besteigung der Aiguille du Chardonnet insbesondere wegen dem Abstieg über den Normalweg eher für den Frühling anbietet; und für die Überschreitung der Aiguilles Dorées fehlt uns etwas der Biss und die Zeit am Folgetag. So entscheiden wir uns für die eher kurze und entspannte Tour über die Arête de la Table auf die Aiguilles du Tour. Die Hütte ist zwar fast voll, aber ein Grossteil der Gäste hat am nächsten Tag keine Hochtour geplant, darum ist die Stimmung beim feinen Nachtessen recht entspannt (auch wenn eine Seilschaft tatsächlich in der vollen Hütte am Tisch Spaltenrettung übt - mit Pickel und Eisschrauben auf dem Tisch...).

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Kurz vor dem Col Supérieur du Tour wird es Tag, im Hintergrund Petite Fourche und Aiguilles Dorées

Frühstück gibt es erst um 5:30 - das reicht auch für unsere Tour. Wir sind überrascht, wieviele Leute auch schon jetzt aufstehen, doch als eingespieltes Zweierteam sind wir fast als erste raus aus der Hütte und stehen wenig später auf dem Plateau du Trient, wo wir uns für den Gletscher ausrüsten und in Richtung Col Superieur du Tour stapfen. Der Firn trägt gut und die nicht besonders tiefen Spalten sind einfach zu umgehen. Unterdessen bricht der Tag an und die Silhouetten unzähliger Gipfel nah und fern zeichnen sich vor dem blau-violett-gelben Himmel ab. Dies ist bei den allermeisten Touren der Moment, wo ich einfach nur glücklich bin, hier unterwegs sein zu können!

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Der Abstieg vom Col Supérieur du Tour auf den Glacier du Tour ist bei Ausaperung recht mühsam.

Um 7:00 Uhr erreichen wir das Col Superieur du Tour. Der Abstieg durch das Couloir hinunter auf den Glacier du Tour ist leider zu dieser Jahreszeit recht unangenehm. Nach kurzem Abklettern über staubige Felsen folgt ein heimtückisches, mit Kies übersätes Blankeiscouloir und anschliessend ein Geröllhang. Früher im Jahr liegt hier angenehmer Firn, und wie wir später erfahren wäre jetzt im Spätsommer/Herbst Jahreszeit der Übergang über das Col du Tour die einfachere und somit trotz grössere Distanz wohl schnellere Option. Naja, so schlimm ist es dann auch nicht und nach einem kurzen Umweg zu einem Bergsteiger, der seine Hand unter einem Stein eingeklemmt hat (zum Glück ist nichts Schlimmes passiert) stehen wir auf dem Glacier du Tour.

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Leicht erkennbar und problemlos: das Einstiegscouloir (Bild: Philipp Kohler)

Den südwestlichen Felsausläufer der Aiguilles du Tour umgehend  steigen wir über den Gletscher wieder hoch, welcher hier sehr grosse Spalten aufweist. Weiter geht es dann  über Geröll und anschliessend das Firncouloir hinauf zum Einstieg in die Arête de la Table. Dieses Couloir hatte uns im Vorfeld etwas Sorgen gemacht, da es laut Berichten bei Ausaperung sehr steinschlägig sein soll. Wir können aber an seinem linken Rand keinen einzigen Stein im Schnee entdecken, und dank perfektem Trittfirn ist der Anstieg trotz der Steilheit problemlos.

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Aufstieg durch das Couloir zum Einstieg in die Arête de la Table, im Hintergrund Aiguille du Chardonnet, Aiguille Verte und Mont Blanc
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Nach dem Coiloir ist der Fels noch etwas brüchig und sandig, aber gleich wirds besser.

Nun tauschen wir Gletscherausrüstung gegen Felsausrüstung und klettern um 8:30 los zum Grat hinauf. Die ersten Meter sind hier wegen dem in dieser Jahreszeit fehlenden Schnee/Eis recht brüchig, sandig und anspruchsvoll - danach folgt aber angenehmes Gehglände oder leichte Kraxelei bis hinauf zur Gratscheide. 

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In schöner Kletterei meist im 2.-3. Grad gehts mal direkt auf, mal leicht neben dem Grat aufwärts (Bild: Philipp Kohler).

Diesem folgen wir nun in schönstem, stabilen Chamonixgranit! Die Kletterei ist meist einfach - oft Zweiergelände gespickt mit ein paar Stellen im dritten Grad, so gehen wir simultan bis wir kein Sicherungsmaterial mehr haben und tauschen dann den "Vorstieg". Die Wegfindung ist recht intuitiv und man sieht dem Fels auch an, dass hier ab und zu drübergeklettert wird. Schön finde ich, dass wir (ausser in der Schlüsselstelle) kein fixes Material entdecken, es lässt sich ja auch alles sehr gut mit Cams und vor allem Zackenschlingen absichern.

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Nun will der namensgebende Felstisch erklettert werden (4c)! (Bild: Philipp Kohler)

So kommen wir bald zur Schlüsselstelle - dem namensgebenden Felstisch. Hier hängt eine Schlinge, mit der man laut Topo die 4c-Stelle 4a/A0 lösen könnte. Wie genau das gehen soll ist uns aber schleierhaft, denn die Schlinge hängt unter dem Felstisch, man muss aber um diesen herumklettern, um hinauf zu kommen. Wie auch immer - wir können die Stelle auch so problemlos klettern: unter dem Tisch nach rechts queren, dann - noch gut stehend - die kommenden (grossen) Griffe sortieren, schliesslich einmal kräftig ziehen und oben steht man. Die 4c Bewertung entspricht denn auch eher  einer Deutschschweiz-Skala als einer typischen Chamonix-Skala wie etwa an der benachbarten Aiguille Purtscheller.

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Auf dem Felstisch, im Hintergrund Aiguille d'Argentière, Aiguille du Chardonnet, Aiguille Verte, Les Drus und Mont Blanc (Bild: Philipp Kohler)
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Nach dem Felstisch folgt eine letzte Stelle im 3. Grad - unbedingt geniessen!

Nach dem Tisch folgt nochmals eine äusserst genussreiche Kletterstelle im 3. Grad, dann geht es an fragil aussehenden Schuppen auf einem sehr exponierten, horizontalen Grat weiter bis zu einer kurzen (und etwas mühsamen) Abseilstelle. Wie schon den ganzen Tag ist es sonnig, windstill und warm - ja schon fast heiss. Ein richtiger Traumtag in einer atemberaubenden Gegend mit Blick auf Aiguille du Chardonnet, Aiguille Verte, Les Drus und Mont Blanc. Und dazu sind wir hier an einem Sonntag ganz alleine unterwegs. Was für ein Luxus!!

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Über einen sehr luftigen aber leichten Zackengrat geht es weiter zur Abseilstelle und anschliessend einfach zum schon sichtbaren Südgipfel der Aiguilles du Tour (Bild: Philipp Kohler).
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Gipfelbild mit Mont Blanc und Co. (Bild: unbekannter elsässischer Tourengänger)

Die verbleibenden Meter zum Gipfel sind einfach, und wir fliegen nahezu hinauf vor Genuss. Kurz vor 11:00 sind wir oben. Wir machen ausgiebig Gipfelrast,  geniessen die Aussicht und beobachten andere Tourengänger, die über den Normalweg gekommen sind, beim Abstieg. Eine grosse Gruppe sitzt doch tatsächlich sehr lange beim Picknick auf dem Gletscher - direkt unter der doch recht steinschlägigen Felsflanke...

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Nach dem Abstieg über den Normalweg folgen wir der Spur über den Gletscher des Plateau du Trient; rechts im Bild die Aiguille Purtscheller mit sichtbarer Spur beim Normalweg (Bild: Philipp Kohler).

Wir steigen seilfrei in ca. 15 Minuten über Felsstufen und auf Wegspuren auf dem Normalweg ab und seilen uns dann wieder für den Gletscher an. Da die grosse und eher ungeübte Gruppe natürlich ausgerechnet gleichzeitig mit uns losgehen und die Spalte überqueren will, müssen wir etwas warten. Anschliessend geht es aber zügig über den Gletscher zur Trienthütte zurück, wobei wir ordentlich schwitzen.

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Schöner und entspannter Abstieg von der Trienthütte zum Sessellift La Breya (Bild: Philipp Kohler)

Um 13:00 Uhr bei der Hütte angekommen packen wir das hier deponierte Material zusammen und steigen zur Ornyhütte ab, wo wir uns eine lange Pause gönnen und in der Sonne auf die lässige Tour anstossen. Schliesslich geht es dann weiter zur Sesselbahn und mit dieser hinunter nach Champex. Mit einem kleinen Sprint erwischen wir gerade noch den Bus und reisen zufrieden und diesmal ohne Verspätungen wieder ins Flachland zurück.

 

 

 

Mehr Bilder von Philipp Kohler hier


Gipfel:           Aiguilles du Tour
Route: Arête de la Table
Ausgangspunkt: Cabane du Trient
Höhe: 3540 (Südgipfel)
Schwierigkeit: ZS-, 4c

Führer:    

Hochtouren Topoführer Walliser Alpen Silbernagel/Wullschleger)

Material:

Zackenschlingen, 2-3 mittlere Cams, 30 m Seil,  Gletscherausrüstung